Die Gasarten: Es gibt zwei Gruppen von Gasen, die angewendet werden: - Gase, deren Anwendung wegen ihrer hohen Toxizität (Giftigkeit) den Nachweis einer besonderen Befähigung des Anwenders erfordert.
- Gase, die überwiegend erstickend wirken und keiner Anwendungsbeschränkung unterliegen. (Warnung: Unsachgemäßer Umgang kann zum Ersticken der (ungeschulten) Anwender führen!)
Auch mit Gasmischungen in modifizierten Varianten wird gearbeitet. Anwendungsparameter: Feuchtigkeit Bei Begasungen muß ein Klima aufrecht erhalten werden, das den üblichen Raum- bzw. Aufbewahrungsbedingungen der Objekte entspricht. Andernfalls würde den zu behandelnden Objekten schlagartig Feuchtigkeit entzogen, was zu Trockenschwundschäden vor allem an den Oberflächen führen kann. Temperatur Je höher die Temperatur, desto kürzer ist die Einwirkzeit. Unter 16°C ist selbst bei langer Einwirkzeit mit keinem befriedigenden Ergebnis zu rechnen, da der Stoffwechsel der Insekten eine zu geringe Aktivität aufweist. Ein Erwärmen fördert die Wirkung der Gase. Diffusion Zu berücksichtigen ist der Faktor der Diffusion, d.h. der Durchgang des Gases durch ein Objektgefüge. Dieser ist von verschiedenen Faktoren abhängig, aber berechenbar. Der Diffusionswiderstand des Holzes ist abhängig von der Holzart und der Durchdringungsrichtung, die dem Gas zur Verfügung steht, aber auch von Oberflächenbeschichtungen. Da der Widerstand quadratisch in die Berechnung eingeht, führt eine doppelte Materialdicke zu einer Vervierfachung der Diffusionszeit. Dies kann dazu führen, daß bei ungünstigen Zugangsbedingungen erst einige Tage nach Begasungsbeginn eine für die Insekten tödliche Dosis im Inneren des Materials vorliegt. Gaskonzentration Ausgedrückt in Gramm Gas oder Prozent Gasanteil je m3 Luftraum. Die Grenzen sind definiert. Bei zu hoher Gaskonzentration können am begasten Gut Schäden auftreten. Bei zu niedriger Konzentration ist die Wirksamkeit in Frage gestellt. Eine einmal eingestellte Konzentration muß gehalten werden. Dies erfordert je nach Begasungsraum und Abdichtung eine unterschiedlich hohe Nachdosierung. Einwirkungszeit Sie ist abhängig vom Begasungsgut (Material, Dimensionen, Oberflächen u.a.) und dem Behandlungsraum (Volumen, Abdichtung u.a.). Zeit t und Konzentration c ergeben das „ct-Produkt". Daraus kann bei einer bestimmten Gaskonzentration die notwendige Zeit berechnet werden, da die notwendige Gesamtdosierung in g x h / m3 Luft für jedes Gas aus Laborversuchen bekannt ist. Anforderungen an Räume Die Anwendung von Gasen setzt in sich geschlossene Räume voraus. Solche sind: - Ganze Gebäude oder Räume davon.
Die Gebäude dürfen nicht in baulicher Verbindung mit weiteren Baulichkeiten stehen. Wenn das aber unvermeidlich ist, müssen diese anderen Baulichkeiten während der Begasung evakuiert und abgesperrt sein. - Mit gasdichten Folien abgeplante Bereiche
z.B. Raumteiler für "Teilbegasungen" oder Folienballons ("Bubbles"). Das umgebende Gebäude muss evakuiert und abgesperrt sein, die Gefährdung von angrenzenden Räumen ist zu überprüfen. - Spezielle Begasungsanlagen, dafür zugelassene Kammern oder Container. Die Dichtigkeit ist laufend zu überprüfen.
Toxische Gase:
Gase, deren Anwendung wegen Toxizität (Giftigkeit) den Nachweis besonderer Befähigung des Anwenders erfordert. Charakteristik der toxischen Gase: In der Gefahrstoffverordnung sind folgende zulässige toxische Begasungsmittel genannt, die für die Bekämpfung holzzerstörender Insekten in Frage kommen. - 1. Brommethan (Methylbromid)
- 2. Cyanwasserstoff (Blausäure, Hydrogencyanid) bzw. Stoffe und Zubereitungen, die zum Entwickeln oder Verdampfen von Cyanwasserstoff oder leicht flüchtigen Cyanwasserstoffverbindungen dienen.
- 3. Phosphorwasserstoff (Phosphin, Phosphortrihydrid) sowie Phosphorwasserstoff entwickel nde Stoffe u nd Zubereitungen
- 4. Sulfuryldifluorid (früher Sulfurylfluorid), im Juli 2002 in die Gefahrstoffverordnung aufgenom men.
Brommethan [CH3Br] Brommethan besitzt den Vorteil der besonders guten Durchdringung in Verbindung mit einer kurzen Einwirkungszeit. Die Lüftung kann problemlos ohne Zeitverzögerung erfolgen. Holzzerstörende Insekten werden in allen Entwicklungsstadien zuverlässig abgetötet. Nachteilig wirkt sich aus, daß Brommethan mit textilen Geweben oder Kissenfüllungen aller Art (auch solchen aus Kunststoffen) Verbindungen eingehen kann, die sich durch unangenehme Gerüche auszeichnen. Das bedingt, daß vor der Begasung mit Brommethan diese Gegenstände aus den zu begasenden Räumen zu entfernen sind. Dies ist durchaus möglich, ohne den Zweck der Begasung in Frage zu stellen (in den genannten Gegenständen sind keine holzzerstörenden Insekten aufzufinden). Brommethan kann unter ungünstigen Klimabedingungen Farben und Bindemittel verändern. Das Gas wird als stark umweltschädlich eingestuft (Wirkung auf die Ozonschicht der Erdatmosphäre), auch besteht Verdacht auf erbgutschädigende Wirkung. Daher ist die Anwendung beschränkt worden, ein Verbot der Produktion und Anwendung gilt ab 31.12.2004 (Verordnung (EG) Nr. 2037/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.6.2000 über Stoffe, die zum Abbau der Ozonschicht führen. Abl. L 244 vom 29.9.2000, S. 1-24). Cyanwasserstoff [HCN] HCN wurde früher vorrangig in Kirchen, Museen, Bibliotheken etc. verwendet. Die Vorteile liegen in der verhältnismäßig kurzen Einwirkungszeit. Der gravierende Nachteil zeigt sich u.U. erst bei der Lüftung: Durch die starke Affinität zu Feuchtigkeit, bedingt durch das starke Lösungsvermögen der gasförmigen Blausäure in feuchtem Milieu, kann die vorgesehene Lüftungszeit erheblich verzögert werden. Durch Säurebildung können Metallauflagen an Ku nstgegenständen nachhaltig geschädigt werden. Deshalb kann Cyanwasserstoff nur dann verwendet werden, wenn keine erhöhte Feuchte im Objekt vorhanden ist. Dies wird im Zuge der Vorbereitungen der Begasung im/am Objekt geprüft. Phosphorwasserstoff [PH3] PH3 wird aus Festkörpern (Tabletten oder Platten) innerhalb von 72 Stunden entwickelt. Durch die zeitverschobene Gasentwicklung ergeben sich Einwirkungszeiten von bis zu 7 Tagen. Deshalb verlängert sich entsprechend der Begasungszeitraum gegenüber den anderen Begasungsmitteln. Phosphorwasserstoff besitzt keine Wasserlöslichkeit, evtl. vorhandene Feuchte im Gebäude spielt daher im Hinblick auf die Begasung nur eine untergeordnete Rolle. Ein gravierender Nachteil ist jedoch die Neigung des gasförmigen Phosphorwasserstoffes, unter ungünstigen Klimabedingungen bzw. Klimaveränderungen mit Metallen unter Farbveränderung zu reagieren. Sulfuryldifluorid [SO2F2] SO2F2 ist chemisch nahezu inert (reaktionsträge). Ebenso wie Methylbromid und Blausäure besitzt Sulfuryldifluorid den Vorteil der besonders guten Durchdringung in Verbindung mit einer kurzen Einwirkungszeit. Die Lüftung kann problemlos ohne Zeitverzögerung erfolgen. Holzzerstörende Insekten werden in den Stadien Larve, Puppe und Vollinsektk (Imago) vollständig abgetötet. Im Vergleich zu den anderen Entwicklungsstadien haben die Eier vieler holzzerstörender Insekten eine höhere Widerstandsfähigkeit gegen SO2F2. Um eine vollständige Bekämpfung zu gewährleisten, wird eine Begasung entweder vor oder nach der Ausflugperiode empfohlen. Die Temperatur bei der Begasung mit Sulfurylfluorid sollte >15°C betragen. Das Gas enthält chemische Verunreinigungen, die zu Schäden an Kulturgut führen können. Durch die Einleitung von hochgereinigtem Gas in den Begasungsraum wird die Gefahr von Schäden stark verringert. |